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Welche Probleme treten in der mehrsprachigen Geschäftswelt auf und wie lassen sie sich bewältigen? Befunde und Konsequenzen für die Weiterentwicklung von universitären Sprachkursangeboten

In der internationalen Geschäftskommunikation müssen Mitarbeiter*innen zunehmend auf mehr als eine Sprache zurückgreifen. Es müssen vielfältige Kommunikationssituationen gemeistert werden, die von den Akteuren Flexibilität und Spontaneität verlangen. Doch welche Probleme treten in mehrsprachigen Situationen auf und wie lassen sie sich bewältigen? Im Forschungsprojekt Pluriling wurden dazu 214 ehemalige Studierende der Turku School of Economics (TSE) in Finnland, die in internationalen Unternehmen arbeiten, befragt. Sprachen spielen im Wirtschaftsstudium in Finnland eine große Rolle, denn das Land ist stark auf Außenhandel ausgerichtet und mit Finnisch und Schwedisch zudem offiziell zweisprachig. So sprechen die Studienteilnehmer*innen neben den beiden Landessprachen zusätzlich mindestens zwei weitere Sprachen, mehrheitlich Englisch und Deutsch. Alle Befragten erleben am Arbeitsplatz regelmäßig mehrsprachige Situationen, 52,8% sogar täglich.

Folgende Phänomene der mehrsprachigen Kommunikationssituationen lassen sich als Probleme identifizieren, wobei sie für einige der Befragten gleichsam eine Form der Situationsbewältigung darstellen:

  • Der plötzliche Wechsel von einer stärkeren in eine schwächere Sprache oder bei bestimmten Sprachpaarungen wird oft als schwierig erlebt;
  • Codeswitching, also das Wechseln von einer Sprache in die andere für einen kleinen Teil der Äußerung, stellt für die meisten Befragten eine besonders effektive Bewältigungsstrategie z.B. bei Wortfindungsproblemen dar;
  • Sprachenmittlung, also das Umschreiben mit anderen Worten, ist eine wichtige Strategie zur Verständnissicherung. Als problematisch werden kulturgebundene Ausdrücke oder längere Phasen des unvorbereiteten Dolmetschens empfunden, da wörtliche oder lückenhafte Übertragungen zu Missverständnissen führen können;
  • Transfer, verstanden als wechselseitiger Einfluss von Sprachen aufeinander, wird vor allem dann als positiv wahrgenommen, wenn Ähnlichkeiten zwischen Sprachen (z.B. Italienisch und Spanisch) das Verständnis untereinander erleichtert.

Ein Ziel von Pluriling ist es, diese Erkenntnisse auch für die Praxis und didaktische Zwecke nutzbar zu machen. So sind die Ergebnisse des Forschungsprojekts bereits in die Weiterentwicklung der Sprachenangebote an der TSU eingeflossen: Die Universität hat bislang drei unterschiedliche sprachenübergreifende Kurse mit dem Themenschwerpunkt ‚Mehrsprachige Geschäftskommunikation‘ konzipiert. Ein Kurs fokussiert Präsentationen, Fachdiskussionen und Kontaktgespräche, wobei Sprachenwechsel und Sprachenmittlung zwischen Englisch, Schwedisch und Deutsch aktiv trainiert werden. Im zweiten Kurs sollen die Teilnehmer*innen ihre Sprachbewusstheit durch Sprachenmittlung und Transfer zwischen Schwedisch und Deutsch erweitern. Schließlich ergänzt eine plurilinguale Studienreise (Deutsch, Französisch) das Angebot. Dabei steht das Lernen in authentischen Situationen im Vordergrund. Die Kurse werden laufend evaluiert und weiterentwickelt. In Zukunft sollen die Ursachen für die Schwierigkeiten in der mehrsprachigen Geschäftskommunikation genauer erforscht werden, beispielsweise durch die Analyse von aufgezeichneten authentischen Situationen. Langfristig sollen die mehrsprachigen Ansätze in bereits etablierte Sprachkurse einfließen und in ein plurilinguales Curriculum integriert werden.

Sara Romano

Schlabach, J.  (2017). Probleme in mehrsprachigen Situationen. Zur Grundlegung des Lernziels plurilinguale Kompetenz. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 22:  2, 66-79.